Innovation findet im Kopf statt
BAYREUTH. Volles Haus im Porsche-Zentrum in Wolfsbach: Mehr als 300 Gäste kamen am Montag zum ersten Wirtschaftsforum Bayreuth, das der Nordbayerische Kurier mit der Sparkasse und den Stadtwerken veranstaltete. Dabei wurde eins klar: Bayreuth ist auch der richtige Ort für findige Köpfe.
Serge Schäfers, Geschäftsführer des Nordbayerischen Kuriers, freute sich, „dass es richtig richtig voll geworden ist“. „Ohne Innovation wären wir alle verloren“, sagte Schäfers und nannte es eine der Hauptaufgaben des Kuriers, den Standort Bayreuth zu fördern und Innovation voranzutreiben.
Für diesen Anlass bot das erst knapp zwei Jahre alte Porsche-Zentrum eine passende Kulisse. Geschäftsführer Kevin Richter sprach vor den Gästen vom „Mythos Porsche“ und stellte den ersten rein elektrisch angetriebenen Porsche vor.
Auch beim anschließenden Podiumsgespräch, das Kurier-Redakteur Stefan Schreibelmayer mit Alt-Oberbürgermeister Michael Hohl moderierte, wurde deutlich, wie viel kreatives Potenzial die lokalen Unternehmer in der Region sehen. Das alte Problem: die Fachkräfte hier zu halten. „Kann man am Standort Bayreuth gut Unternehmer sein?“, fragte Ex-Bürgermeister Michael Hohl Cybex-Chef Johannes Schlamminger (40). Der Hersteller für Kindersitze, Buggys und Babytragen gehört zum Goodbaby-Konzern mit elf Fabriken und 20.000 Mitarbeiter weltweit sowie 1000 eigenen Läden allein in China.
Ein Großteil werde aus Bayreuth gemanagt, so Schlamminger. Das gehe, indem man sich „Tag für Tag neu erfindet“ . Der dreifache Vater weiß: Mit der Geburt des ersten Kindes ändert sich alles. Hier versuche Cybex Lösungen für Eltern anzubieten. Früher fand der Kunde die Produkte im Katalog, dann bei Amazon, heute bei Instagram oder Whatsapp.
Die Fragen, die sich Unternehmer heute stellen müssten: „Welche innovativen Markengeschichten kann ich betreiben? Wo erwartet mich der Kunde? Was will er morgen haben?“ Dafür lässt er seine Kinderwagen auf dem roten Teppich in Hollywood auffahren. Oder er eröffnet ein Geschäft im südkoreanischen Kangnam, einen sogenannten Flagship-Store. „Das ist natürlich in erster Linie Marketing“, räumte Schlamminger ein, aber die Außenwirkung „und die Bilder, die wir dort kriegen“ für die sozialen Medien und die jungen Eltern, seien gigantisch.
Cybex braucht mehr Platz
Cybex hat 500 Mitarbeiter aus 40 Nationen in Bayreuth, es sollen 600 werden. Das Cybex-Gelände ist durch die neue Crashtest-Anlage, die Anfang April eröffnet wird, nochmal um 7000 Quadratmeter gewachsen. Schlamminger: „Bis 2021 kommen wir noch ganz gut zurecht, dann brauchen wir mehr Platz.“
Aber es geht auch eine Nummer kleiner. Das zeigt Kerstin Rank, die Geschäftsführerin von Ehrensache und der Taschenfirma Bag to Life. Sie stellt aus Rettungswesten Taschen her. Die Idee kam ihr – natürlich – beim Fliegen. Sie hat für die Fluggesellschaften eine Win-Win-Situation geschaffen. Mehr als 120 Tonnen alte Rettungswesten hat sie ihnen abgekauft und daraus Taschen gemacht.
Ihr Geschäftsmodell ist das Upcycling, das gegenüber dem Recycling bisher nur eine Nische sei. Nicht immer werde die beste Lösung für das Material gesucht. Neu erfinden müsse sie sich nicht, sagte sie in Richtung Schlamminger. „Meist sind wir unserer Zeit ein paar Jahre voraus.“
Auch andere Unternehmen kämen auf sie zu und fragten, ob sie deren Materialien weiterverarbeiten könnten. Dafür solle eine eigene Agentur gegründet werden. Und eine Upcycling-Börse, die Materialströme umleiten soll. Rank schlug vor, in Bayreuth ein Kreativ-Treffen für Unternehmer zu organisieren, um die Kompetenzen sinnvoll zu bündeln.
„Er hat die Schule abgebrochen, weil er Unternehmer sein wollte“, kündigte Michael Hohl den Geschäftsführer von Eila Events, Sebastian Eiselt, an. „Und das hat er durchgezogen.“ Überall, wo in Europa mobile Veranstaltungsräume gebraucht werden, ist Eila Events dabei: im Motorsport, bei Reitveranstaltungen, hauptsächlich auf internationalen Rennstrecken.
Eine, die weiß, wie wichtig die Vernetzung der Bayreuther Unternehmer mit der Stadt und der Universität ist, ist Petra Beermann, Leiterin der Stabsabteilung Entrepreneurship und Innovation an der Universität Bayreuth. Die Unternehmen haben ihre eigenen Innovationslabore, wozu brauche es da noch die Uni, fragte sie in die Runde.
„Die Uni Bayreuth meint es ernst“, war ihre deutliche Antwort. Das Motto laute: raus aus dem Elfenbeinturm. „Die Uni möchte Innovationen fördern und mit den Unternehmen arbeiten.“ Es gehe auch darum, Studierende anzuleiten, selbst zu denken und zu handeln. Und es gehe darum, einen kreativen Ort in Bayreuth zu schaffen. Kurz: An der Uni Bayreuth soll ein regionales Gründer- und Innovationszentrum (RIZ) entstehen.
Der Redner des Abends war Jörg Löhr, ehemaliger Handball-Nationalspieler und einer der bekanntesten Persönlichkeits-Trainer im deutschsprachigen Raum. Er betreut Spitzensportler und Schwergewichte deutscher Unternehmen, ist Buchautor und lehrt an der Uni Augsburg.
Innovativ in Zeiten der Veränderung
Löhr zeigte den Unternehmern auf, wie sie als Arbeitgeber ihre Mitarbeiter „mitreißen“ können, um in Zeiten der Veränderung innovativ zu bleiben. „70 bis 80 Prozent unserer Kinder werden später einen Job haben, den es heute noch gar nicht gibt“, sagte Löhr. Stichwort Digitalisierung. Damit war klar, wie dringlich die Situation für Unternehmer heute ist.
„Erfolg beginnt damit, wie Sie auf andere Menschen wirken.“ Ebenfalls wichtig sei eine gute Atmosphäre im Unternehmen, die erreichten Erfolge zu feiern und Mitarbeiter zu „fordern, um sie zu fördern.“ Führungskräfte müssten den Mut haben, ihre Ansprüche zu erhöhen und Dinge außerhalb der Komfortzone auszuprobieren. „Innovation findet im Kopf statt.“
Aber Ideen müssten dann auch zügig umgesetzt werden. Außerdem: Teamgeist schaffen und Ziele definieren. Eine gute Portion Optimismus sei da nie verkehrt. Am Ende gab er dem Publikum mit: „Entscheidend ist nicht, wie tief man fällt, sondern wie hoch man zurückfedert.“
Von Otto Lapp und Charlotte Pekel
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