Tobias Koch über die Chancen und Herausforderungen für Stadt und Region
Diese Ergebnisse können sich sehen lassen: Bayreuth ist demografisch gesehen die drittjüngste Stadt in Deutschland, der Wohnungsmarkt wird im bundesweiten Vergleich als noch entspannt und die Situation auf dem Arbeitsmarkt als überdurchschnittlich gut bewertet. Im Ranking des Prognos-Zukunftsatlas 2019 liegt die Stadt Bayreuth daher auf Platz 50 aller 401 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland. Tobias Koch, Studienautor und Bereichsleiter „Region und Standort“ der Prognos AG, erklärt im Interview die Hintergründe und Handlungsoptionen für eine zukunftsfähige Entwicklung der Region.
Bayreuth werden im deutschlandweiten Vergleich „gute Zukunftschancen“ prognostiziert. In welchen Bereichen stehen die Chancen am besten?
Besonders in den Bereichen Demografie und Arbeitsmarkt schneidet Bayreuth mit Platz 34 und 30 gut ab. Wir sehen eine sehr dynamische Bevölkerungsentwicklung mit einem Wachstum von 2,7% im Zeitraum 2014 bis 2017. Das hängt natürlich auch mit der Universität vor Ort zusammen. Bayreuth schafft es unter die TOP 25 der jungen Städte, nach Heidelberg und Würzburg leben in Bayreuth die meisten jungen Erwachsenen zwischen 18 und 30 Jahren. Auch der Arbeitsmarkt sticht positiv hervor. Vor allem im akademischen Bereich sind viele neue Beschäftigungsmöglichkeiten entstanden. Nach unserer Studie erreicht Bayreuth auf 100 Einwohner rund 91 Arbeitsplätze. Im Vergleich: deutschlandweit sind es nur 53 Erwerbstätige je 100 Einwohner.
Bayreuth zählt zu den Regionen mit der stärksten Dynamik in Deutschland. Was genau macht Bayreuth so dynamisch?
Zunächst spielt die bereits angesprochene demografische Entwicklung eine Rolle. Aber auch ein starkes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts schafft es auf Platz 22 im Ranking. Außerdem sind der Anstieg der Hochqualifizierten sowie der Anstieg an Stellen für Hochqualifizierte ausschlaggebend. Hier liegt Bayreuth auf Platz 59 von 401.
Der Bayreuther Wohnungsmarkt ist dem Ranking nach entspannt. Welche Indikatoren nehmen hier besonders Einfluss?
Bei dieser Messung ging es uns vor allem darum, die aufgelaufenen Lücken im Wohnungsbau in Deutschland aufzuzeigen und zu quantifizieren. In Bayreuth hält der Neubau und die Schaffung von Wohnfläche mit dem schnellen Bevölkerungswachstum weitgehend Schritt. Deshalb ist die Schere zwischen Angebot und Nachfrage nicht so groß wie in anderen Städten wie etwa in Frankfurt oder Stuttgart.
Wie müssen Wohnraumkonzepte gestaltet sein, um auch in Zukunft den Bedarf zu decken?
Der Wohnungsmarkt im urbanen Raum der Zukunft wird immer weniger von Ein- oder Zweifamilienhäuser bestimmt werden. Der Trend geht vor allem im städtischen Gebiet zu mehrgeschossigen Wohnhäusern und kleineren Haushalten, die unter anderem auf Bedarfe des studentischen sowie des altersgerechten Wohnen ausgelegt sind.
In welchen Bereichen schneidet Bayreuth weniger gut ab?
Bei der Geburtenrate liegt Bayreuth auf dem drittletzten Platz, was aber auch dem sehr jungen Bevölkerungsanteil geschuldet ist. Außerdem bewegt sich die hohe Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen im hinteren Mittelfeld der Platzierungen.
Was muss Bayreuth Ihrer Meinung nach in Zukunft leisten, um den Trend der guten Zukunftschancen fortzusetzen?
Ein enger Schulterschluss mit dem Umland und der Metropolregion Nürnberg kann entscheidend sein. Außerdem muss man den Wohnungsmarkt im Blick behalten. Er funktioniert derzeit gut, ist aber sicherlich ausbaufähig. Wenn der Zuzug weiter anhält, braucht es langfristig neue Konzepte. Großes Entwicklungspotenzial sehen wir gerade im Bereich Innovation sowie Forschung und Entwicklung.
Wie wichtig schätzen Sie die Zusammenarbeit von Unternehmen und Partnern vor Ort – wie sie die KarriereRegion Bayreuth leistet – für die Entwicklung eines zukunftsfähigen Arbeitsmarkts ein?
Das ist ein ganz zentraler Punkt. Ein Akteur allein kann die Herausforderungen nicht stemmen. Wir sehen, dass eine Region erfolgreich ist, wenn der Dreiklang aus Wirtschaft, Wissenschaft sowie Politik und Verwaltung eng und reibungslos funktioniert. Ein Beispiel: Wenn Studierende der Uni frühzeitig Anwendungsorientierung bei den Unternehmen vor Ort finden, bleiben sie wahrscheinlicher auch nach Studienabschluss als Fachkräfte erhalten. Dieser Klebstoff zwischen Wissenschaft und Wirtschaft muss vorausschauend aufgetragen werden. Wenn Akteure unter dem Schlagwort „Regional Governance“ ihre Interessen und Kompetenzen bündeln, entsteht ein funktionierendes Netzwerk für eine erfolgreiche Zukunftsgestaltung.
Tobias Koch, Studienautor und Bereichsleiter „Region & Standort“ der Prognos AG