Prof Dr Matthias Baum

Die Gründung von neuen Unternehmen ist für die Wirtschaft extrem wichtig. Prof. Dr. Matthias Baum, Inhaber des Lehrstuhls Entrepreneurship & Digitale Geschäftsmodelle an der Universität Bayreuth, unterstützt junge Menschen auf diesem Weg. Im Interview erläutert er Aspekte einer erfolgreichen Gründung.

Welche Fähigkeiten braucht man zur Gründung eines Unternehmens?

Prof. Dr. Matthias Baum: Zunächst einmal das Wichtigste: Gründer*innen werden nicht geboren – sondern Menschen können sich zu einem erfolgreichen Gründer/ einer erfolgreichen Gründerin entwickeln. Unternehmertum ist ein unglaublich intensiver Lernprozess, der zumeist nicht allein, sondern in einem Team durchschritten wird. Hierbei gilt es, zahlreiche Herausforderungen zu nehmen, mit Fehlschlägen umzugehen und daraus die entsprechenden Lehren zu ziehen. In der Tat gibt es Charakteristika, wie zum Beispiel eben die kognitiven Fähigkeiten, Wissbegierde, Teamfähigkeit, eine ausgeprägte Leidenschaft für das, was ich mache und Beharrungsvermögen (auch wenn mal etwas nicht so läuft, wie man sich das gedacht hat), welche positiv auf die zuvor genannten Prozesse einzahlen und damit auch eine erfolgreiche Gründung unterstützen. Weiterhin wissen wir, dass Kenntnisse über den Markt bzw. die Branche, in die man eintreten möchte, und ggf. auch technologisches Know-How (je nach der Art des Geschäftsmodells) hilfreich sind. Auch die Fähigkeit, Kundenwünsche richtig zu interpretieren, und mit den Informationen, die man in dem beschriebenen Lernprozess sammelt, sinnvoll umzugeben – also mit dem Geschäftsmodell gekonnt zu experimentieren, sind essenzielle prozedurale Kenntnisse und Befähigungen. Und gerade diese sind sehr gut erlernbar – hieran knüpfen wir unter anderem mit unseren Lehrangeboten für Studierende aber auch mit Angeboten für etablierte Unternehmen an.

Warum tun sich viele so schwer mit der Gründung eines Unternehmens? Hat das Thema Gründung/Selbstständigkeit den falschen Stellenwert in unserer Gesellschaft?

In der Tat ist Deutschland aktuell nicht das Land mit dem stärksten Gründergeist und den meisten Gründungsaktivitäten. Wir sind sogar international hierbei sogar eher ein Entwicklungsland. Im Moment leben wir noch sehr stark vom Gründergeist der Entrepreneure vor über 100 Jahren. Auch ein Bosch, ein Daimler oder ein Siemens waren einmal kleine Startups. Wir arbeiten daran, dass die nächsten Generationen von solchen, aber auch vielen kleineren und ebenso vitalen Unternehmen heranwachsen können. Auch gesellschaftlich und politisch können wir hier noch etwas mehr tun. Dazu gehört unter anderem ein gewisses Verständnis (im doppelten Wortsinn) dafür, dass Unternehmertum etwas Unsicheres ist. Alles was neu und innovativ ist, birgt eben auch ein höheres Risiko zu scheitern. Hier eine etwas positivere Fehlerkultur zu etablieren, wäre sicherlich für den Innovations- und Gründergeist unserer Nation von Vorteil. Weiterhin sind die Finanzierungsmöglichkeiten – insbesondere für wachstumsintensive Unternehmen – hierzulande, vergleichen mit anderen Ländern wie zum Beispiel den USA, immer noch recht begrenzt. Es gibt gute Ansätze für Neugründungen in den ersten Monaten und Jahren – aber richtige Wachstumsfinanzierung ist noch vergleichsweise schwer zu finden. Gerade in der Digitalökonomie sind aber solche Wachstumsstrategien manchmal die einzige Chance, um am Markt langfristig, zumindest mit Relevanz, zu bestehen.

Wo wir zudem noch besser werden können und müssen – und hier liegt meiner Meinung nach ein besonders großes Potenzial verborgen – ist, die Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Startups weiter zu fördern und zu intensivieren. Dies ist nicht einfach und scheitert häufig an unterschiedlichen Prozessen und Mindsets. Aber die Komplementaritäten sind vorhanden und beide Seiten können enorm voneinander profitieren – die einen bekommen wertvolle Ressourcen, die anderen bekommen neue Ansätze und Ideen, Geschäftsmodelle und Zugang zu Technologien.

Welches sind die größten Hürden? Woran scheitern Gründer?

Es gibt auf dem Weg zahlreiche Fallstricke. Immer wenn wir etwas unternehmen, was so vorher noch niemand gemacht hat, oder was zumindest noch nicht auf dieser Weise in einem Markt etabliert wurde, müssen wir uns vortasten und werden hierbei Fehler machen. Es gibt aber eigentlich zwei zentrale Gründe fürs Scheitern, die wir unseren Gründer*innen versuchen „abzutrainieren“: Ein komplettes Fehlinterpretieren der Kunden und deren Bedürfnisse sowie nicht tragfähige bzw. falsche wirtschaftliche Analysen. Das Gute auch hier: Man kann es lernen, diese Fehler nicht zu machen und damit schon einmal die Chancen für eine erfolgreiche Unternehmensgründung deutlich erhöhen.

Warum sind aber Unternehmensgründungen so wichtig für die Wirtschaft?

Ein Startup kann viel einfacher Neuartiges hervorbringen, weil es keine Verpflichtungen seiner Vergangenheit gegenüber hat und Strukturen so aufbauen kann, wie es dem jeweiligen Geschäftsmodell am besten dient. Startups haben auch meist weniger zu verlieren als größere Unternehmen. Wenn ein Startup scheitert, dann sind die Gründer*innen und ggf. ein paar Mitarbeiter ihren Job los (aber um einige Erfahrungen reicher), wenn ein größeres Unternehmen komplett umschwenkt und das schiefgeht, ist der Schaden ein ganz anderer. Daher ist man natürlich bei größeren Unternehmen häufig etwas zurückhaltender mit tiefgreifenden Veränderungen (Randnotiz: eine Krise kann hier allerding auch ein Katalysator sein). Dadurch sind Startups meist agiler als größere, etablierte Unternehmen.

Welche Unterstützung bietet die Universität Bayreuth in diesem Zusammenhang?

Natürlich bieten wir Entrepreneurship Education, Coaching und Transferunterstützung für die eigenen Studierenden und Universitätsangehörigen (auch die Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen) an. Wichtig ist hierbei, dass unser Angebot nicht nur einzelnen Studiengängen zugutekommt, sondern wir bemüht sind, möglichst in die ganze Universität hineinzuwirken und unternehmerische Befähigung und das entsprechende Mindset zu vermitteln. Darüber hinaus engagieren wir uns aber auch sehr intensiv, unsere Region bzw. regional ansässige Unternehmen zu unterstützen und hier ein Innovationsökosytem aufzubauen, unter anderem eben auch dadurch, dass der Kontakt zwischen Startups, innovationsorientierten jungen Menschen und etablierten Unternehmen verstärkt wird, und wir Workshops und Unterstützungsformate anbieten, um bestehende Unternehmen wieder „unternehmerischer“ zu machen. All diese Aktivitäten sind nur möglich durch eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Lehrstühlen (neben unserem auch dem Lehrstuhl für HRM & Intrapreneurship) und der Stabsabteilung für Entrepreneurship & Innovation. Aktuell konzipieren wir ein gemeinsames Institut für Entrepreneurship & Innovation, welches sämtliche Akteure und Prozesse zum Thema Gründerforschung, -Lehre und Transfer bündeln wird und als Innovationsmotor der Region fungieren soll.

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