Bachelor, Staatsexamen – und jetzt im Traumjob Schreinerin
Die Suche nach dem richtigen beruflichen Weg – Tipp einer Auszubildenden: alle Möglichkeiten gleichwertig betrachten
Lisa ging es nach dem Abitur wie vielen: „Ich hatte einfach keine konkreten Vorstellungen, wohin die Reise beruflich für mich gehen soll.“ Weil ihr Sprachen liegen, studiert sie zunächst Anglistik. An den Bachelor schließt sie ein Lehramtsstudium für Realschulen an und mit dem Staatsexamen ab. Doch noch immer ist sie nicht sicher, was sie wirklich arbeiten will. Jetzt hat sie in der Schreinerei Schneider in Ramsenthal eine Ausbildung zur Schreinerin begonnen und fühlt sich wohl: „Das praktische Arbeiten im Handwerk ist einfach mein Ding!“
Die Erfahrungen aus dem Lehramtsstudium, in dem sie viele Praxiseinheiten belegte, eine gute Berufsberatung und die Erfahrung aus einem Möbelbau-Kurs brachten die 28-Jährige schließlich auf die für sie richtige Spur – eine Ausbildung zur Schreinerin. „Mit dem Bachelorabschluss berufstätig zu werden, hätte für mich in erster Linie Büroarbeit bedeutet. Ein Gedanke, der mich innerlich die Wände hochgehen ließ“, beschreibt Lisa ihre Gefühlswelt. Aber auch als Lehrerin zu arbeiten, fühlte sich für sie letztlich nicht richtig an. „Ich arbeite lieber selbst praktisch und handwerklich, als andere anzuleiten und ihnen zuzusehen.“
Als sie bei einem befreundeten Schreinermeister das erste Mal in einer Schreinerwerkstatt arbeitete, war sie sich schlagartig sicher, wohin ihre berufliche Karriere gehen sollte. „Die Aufgaben und Tätigkeiten eines Schreiners sind vielfältig und anspruchsvoll. Und sie passen einfach zu mir.“ Die Lehre zu beginnen sei daher die beste Entscheidung gewesen. Im Rückblick wundert sie sich, dass sie das Handwerk nicht früher als ernsthafte Alternative betrachtet hat. „Schon als kleines Kind habe ich die Werkzeuge, die man mir gegeben hat, richtig gehalten und verwendet.“ Jetzt darf sie auch an die großen Maschinen ran: „Das macht mir riesig Spaß.“
Auch Schreinermeister Gerd Schneider ist vom Talent seiner neuen Auszubildenden überzeugt. „Bevor in meinem Betrieb jemand eine Ausbildung anfängt, lade ich die jungen Leute zum Probearbeiten oder zu einem Praktikum ein. Dabei sieht man sehr schnell ob es passt und eine Lehre funktionieren kann.“ Bei Lisa war bereits nach einem Tag klar, dass Lehrbetrieb und Auszubildende zusammenkommen. Jetzt, wenige Wochen nach Ausbildungsstart, fühlt sich Lisa schon als vollwertiges Mitglied in der Werkstatt akzeptiert.
Probieren geht über studieren
Mit dem Blick auf ihre Suche nach dem passenden Beruf zieht die heutige Auszubildende ein Fazit, das auch anderen unentschlossenen Schülerinnen und Schülern eine Hilfestellung sein kann: „Planlos drauflosstudieren kann klappen, muss es aber nicht. Sinnvoller ist es auf jeden Fall, alle Möglichkeiten eines Berufsweges ernsthaft in Betracht zu ziehen – auch eine Ausbildung, gerade im Handwerk.“ Studieren könne man nach einer Ausbildung immer noch. Ihr Appell an Jugendliche lautet daher: „Probiert euch aus und versucht, auf das zu hören, was euch Freude bereitet und zufrieden macht. Und zieht das dann konsequent durch.“